Samba im Dreiklang

Samba im Dreiklang

Wir sind echt geschafft. Anne Hasselbach und Jan Eickhoff wären wohl am liebsten im Hotel geblieben. Bis hierhin waren sie im Sog der Ereignisse aber tatsächlich von jeder Station neu überrascht und sind selbst erstaunt über dieses unvermutet bunte Cottbus. Jede Station hat sie gepackt, besonders die Tatkraft und die Geschichten hinter den Orten haben sie fasziniert. Es reift der Plan, sich das alles noch einmal in Ruhe anzuschauen, dann aber auch zwei bis drei Tage einzuplanen. Im Überschwang biete ich an, dann auch all die anderen besonderen Ziele und Geschichten zu empfehlen, die es aus Zeitgründen nicht in diese Tagesreise geschafft haben. Ich ernte ein fast schon ungläubiges Augenrollen.

Vom Hotel sind wir in zehn Minuten in der City. Unweit vom Touristen-Hotspot auf dem Altmarkt liegt in einem Hinterhof der Friedrich-Ebert-Straße unser Geheimtipp für einen kulinarischen Ausflug. Von der Straße aus kaum zu erahnen, ist unser Pärchen beim Betreten des Hofs einmal mehr perplex. Der ganze Hof ist mit Freisitzen übersäht und an den einzelnen Rändern schließen sich Restaurants und eine Cocktailbar an. Man wähnt sich fast in einem fernen Urlaubsort. Internationale Gastronomie vollzieht hier den Spagat von südamerikanischen Köstlichkeiten im „Bellessa“ über gehobene asiatische Küche im „Kisu“ bis zur wohl besten Cocktailbar der Lausitz, dem „El Chico“. Eine Cigar-Lounge komplettiert das Ensemble, mit dem Sweet Candy hat die liebevoll von Candy Hamsch geführte Konditorei zu unserer späten Stunde leider schon geschlossen. Hier kann man etwas beobachten, das in unserer geordneten deutschen Gastronomielandschaft wie von einem anderen Stern wirkt. Aus dem Asia-Restaurant serviert ein Kellner an einem Tisch des Bellessa Sushi, während der Barkeeper aus dem El Chico ein Tablett mit Cocktails ins Asia-Restaurant „ausliefert“. Jeder hat an jedem Tisch die volle Auswahl und alle arbeiten zusammen. Das erleichtert die Auswahl einer Gastronomie bei unterschiedlichen Geschmäckern immens. Jeff Felix da Silva hatte uns beim Frühstück ins Bellessa eingeladen, wo nun der Tag wiederum mit Genuss zu Ende geht. Anne bestellt Ochsenbäckchen als Spezialität der peruanischen Küche, Jan wählt Fejoda, ein brasilianisches Nationalgericht mit Chorizo, Mettenden, Bacon und geröstetem Maniokmehl. Die Umgebung lässt uns schnell die Zeit vergessen, Urlaubsfeeling macht sich breit. Die südamerikanische Kulinarik überrascht mit deftigen Aromen. Zum Abschluss geht’s an die Bar ins El Chico, die Kamenzer bestellen sich einen Pisco Smash mit frischer Minze und prickelnder Soda. Rumliebhaber Jan Eickhoff fragt Barkeeper Steven nach dem besten Rum im rückwärtigen Regal, der ohne langes Überlegen einen El Dorado 15 Jahre aus Guyana präsentiert. An dieser Stelle verabschiedet sich unser Fotograf, nach 14 Stunden Tagesprogramm reichlich erschöpft. Kurz danach trifft Jeff ein, der mit dem Käfig noch eine weitere Bar in der City betreibt, die zu üblichen Zeiten selten vor 4 Uhr in der Frühe schließt. Mit ihm beginnt und endet der Tag. Er erzählt, wie er das Projekt im Eberthof schon vor vielen Jahren gemeinsam mit Freunden geplant hat. Als Brasilianer fehlte ihm einfach ein Botschafter für die Küche seiner alten in der neuen Heimat. Sein Freund Steven bereiste über drei Jahre die Welt und arbeitete auch in der größten Bar des gesamten Pazifikraums, ein weiterer Freund sammelte seine Erfahrungen in Neuseeland. Zu dritt starteten sie 2019 mit dem Bellessa (die Schöne), El Chico (der Kleine) und Locos (Draufgänger) ein abgestimmtes Gastronomiekonzept. Das junge Team und das weltoffene Miteinander sorgen im gesamten Hof für ein neues Zusammenspiel. Im Frühjahr veranstalteten sie zum ersten Mal einen Sambakreis, bei dem Jeff fürs Tamburin sorgte, drei weitere Freunde live mit musizierten und das gesamte Bellessa sang und tanzte. Über die Kulinarik hinaus soll hier die Kultur und Lebensfreude Südamerikas einen festen Platz finden. Genau das braucht die Lausitz, denkt Anne, und begeistert Jeff kurzerhand fürs nächste Treffen der Kreativen Lausitz, eines länderübergreifenden Netzwerks junger Gestalter. An dieser Stelle macht auch der Berichterstatter schlapp. Später trifft noch ein Selfie ein: Das Kamenzer Pärchen und Jeff da Silva haben einen entspannten Abend verbracht, das Bild zeigt einen herzlichen Dreiklang. Der Tag beginnt und endet mit einem Botschafter der verrückten Pücklerstadt. Dazwischen liegen zehn Stationen, die wir zum Nachahmen eher für ein Zweitagesprogramm empfehlen würden.

Bellessa, El Chico, Locos
Bellessa: Mo.-Fr. 11-23 Uhr, Sa. & So. 10-23 Uhr
El Chico: So.-Do. 17-01 Uhr, Fr. & Sa. 17-02 Uhr
Friedrich-Ebert-Str. 36, 03044 Cottbus
Telefon 0355 49480285
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www.restaurant-bellessa.de 

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