„Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“ ist das wohl bekannteste Zitat von Altkanzler Helmut Schmidt. Wenn es so wäre, bräuchten wir für die Visionäre der verrückten Pücklerstadt wohl ein eigenes Arztzentrum – oder noch besser: eine eigene Station im Carl-Thiem-Klinikum. An dessen Spitze agiert Götz Brodermann, ein Mann mit besonders großen Visionen. Im Interview sprach er über die Universitätsmedizin in Cottbus – ein Vorhaben, das in wenigen Jahren zu einem Leuchtturm für unsere Pücklerstadt und die gesamte Lausitz wachsen soll.
Wer gab eigentlich den Anstoß zur Universitätsmedizin in Cottbus, der Erfolg hat bekanntlich viele Väter, aber meist wenige entscheidende Impulsgeber?
Das Thema ist nicht neu und es gab schon mehrere Anläufe beim Land Brandenburg, um eine staatliche universitäre Ausbildung in Cottbus zu installieren. Es scheiterte immer wieder am Geld. Für die Finanzierung einer Universitätsmedizin muss ein Landeszuführungsbeitrag zwischen 60 bis 80 Mio. Euro pro Jahr liegen. Die Grundfinanzierung der Universitäten ist eine klassische Länderaufgabe. Da Brandenburg nicht zu den reichsten Ländern zählt, war einfach nie ausreichend Geld im Topf, um ein solches Projekt aufzubauen. Nun wurde beim Strukturstärkungsgesetz die Chance erkannt, über die Strukturmittel die Investition für den Aufbau abzusichern. Für die spätere, kontinuierliche Finanzierung muss das Land dann wiederum Lösungen entwickeln. Aber das Momentum ist jetzt da und wir haben es genutzt und das Thema nach dem Kohlekompromiss platziert. Wir schätzen uns glücklich, dass Ministerpräsident Dietmar Woidke es zu einem persönlichen Anliegen gemacht hat und es dadurch eine große Dynamik entfalten konnte. Er hat seinen Amtskollegen aus Sachsen für die Idee begeistert und frühzeitig den notwendigen Rückenwind gegeben, mit dem wir uns bereits im Sommer 2019 an die Öffentlichkeit wenden konnten. Ich halte es für absolut bemerkenswert, dass sich zwei Ministerpräsidenten für ein Projekt einsetzen, das maßgeblich nur in einem Bundesland stattfinden kann. Das ausgerechnet die Cottbuser Universitätsmedizin bei der langen Nacht der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin auf der Liste der besonderen Projekte gelandet ist, verdanken wir ganz sicher Woidkes Einsatz. Wir haben den richtigen Zeitpunkt erkannt und das Projekt angeschoben, der Erfolg hat hier aber wirklich viele Väter – und vor allem einen Landesvater.
In den Medien reichten Zahlen zu möglichen Arbeitsplätzen von anfangs 500 bis zu später 2000 direkten und 3000 indirekten Arbeitsplätzen, welche Zahlen halten Sie für realistisch?
Eine Zahl von rund 1.000 direkten Arbeitsplätzen ist absolut realistisch. Wenn es gut läuft, können es bis zu 1.500 werden. Das hängt davon ab, wie umfangreich wir die Universitätsmedizin verwirklichen können. Wir wissen, dass ein Arbeitsplatz in der Universitätsmedizin zusätzliche Arbeitsplätze mit dem Faktor 1,4 nach sich zieht. Daraus ergeben sich unterschiedliche Zahlenspiele für neue Arbeitsplätze, die von rund 2.500 bis zu knapp 4.000 reichen können. Beim letzten entstandenen Universitätsklinikum in Augsburg, das Anfang Januar 2019 aus einer ähnlichen Struktur wie bei unserer Planung hervorging, sind rund 6.000 Arbeitsplätze entstanden. Wir gehen mit den Zahlen da also eher vorsichtig um.
Sie haben die Universitätsmedizin als Tesla der Lausitz bezeichnet – wo sehen Sie entsprechende Effekte in Wertschöpfungsketten und Zukunftspotenzialen?
Wir sind Dienstleister und kein produzierendes Gewerbe. Es gibt zur Wertschöpfung von solchen Institutionen aber eine gute Datenlage. Ein Euro, den man in die Universitätsmedizin steckt, erwirtschaftet ein Bruttosozialvolumen von 2,70 Euro. Es werden Arbeitsplätze geschaffen, es entsteht zulieferndes Gewerbe, die Arbeitnehmer leben überwiegend in der Region und es handelt sich um gut bezahlte Arbeit, die eine entsprechende Kaufkraft in die Region bringt.
Ein Uniklinikum ist eher ein regionaler Dienstleister und Versorger, wo sehen Sie Potenziale mit überregionaler Ausstrahlung?
Die Ausstrahlung über die Lausitz hinaus muss unser langfristiges Ziel sein. Universitätsmedizin beruht auf drei Säulen. Die Krankenversorgung führen wir heute schon durch. Hier sind wir eines der größten Krankenhäuser und bereits Mitglied im Verbund kommunaler Großkrankenhäuser Deutschlands. Die weiteren Säulen sind die Ausbildung und die Forschung. In der Universitätsmedizin muss ein ernsthafter Forschungsnukleus herausgebildet werden. Hier sehe ich die Chance für eine überregionale Ausstrahlung. So steht Heidelberg bundesweit als Vorbild für die Krebsforschung. Wir werden für Cottbus einen Eyecatcher, einen „Tesla“ herausarbeiten müssen.
Es ist von 1,1 Mrd. Euro Gesamtinvestition die Rede, welche Mittel werden wofür benötigt und wer zahlt was?
Es gibt einen groben Ansatz: 650 Mio. Euro sind für die Universitätsmedizin im Topf, 450 Mio. Euro für das digitale Leitkrankenhaus. Dabei handelt es sich um grobe Landmarken.
Wird ein Vorhaben dieser Größenordnung als kommunales Krankenhaus in Trägerschaft der Stadt Cottbus umsetzbar sein?
Ja. Das Vorhaben ist ein Landesvorhaben und somit wird das Land maßgeblich Strukturen bestimmen und Gebäude errichten. Wir müssen dann die Versorgung in kommunaler Trägerschaft mit Forschung und Lehre zusammenbringen, das wird funktionieren. Entscheidend ist jetzt zu schauen, wie viel Infrastruktur wir brauchen, welche Lehr- und Laborgebäude gebaut werden müssen und wie viele Studienplätze wir pro Semester aufbauen wollen. Das Krankenhaus finanziert sich aus sich selbst heraus, die Universität wird vom Land finanziert. Cottbus muss dazu keine Eigenmittel aufbringen. Die Infrastruktur für die Grundinvestition kommt zu 100% über das Strukturstärkungsgesetz.
Universitätsmedizin ist ein weites Feld, das kann von der praktischen Ausbildungsstätte für Berliner Ärzte in Ausbildung bis zur Hochschule mit Laboren und angeschlossenen Instituten reichen, wie Sie es erwarten – wie sicher ist, dass Sie, das Land und der Bund dasselbe meinen, wenn sie von Universitätsmedizin in Cottbus sprechen?
Wir sind bereits jetzt akademisches Lehrkrankenhaus der Charité. Angehende Ärzte der Charité absolvieren im letzten Studienjahr ihr Praktikum bei uns. Für das neue Vorhaben gibt es hingegen einen klaren Begriff, der auch in der Erklärung des Bundeskanzleramts zur Bund-Länder-Einigung aufgeführt wurde. Dort wurde ausdrücklich ein Innovationszentrum Universitätsmedizin in Cottbus (IUC) festgeschrieben, dessen Konzept sich an den genannten Rahmendaten orientiert. Es beinhaltet eine staatliche Universitätsmedizin, die nur als Vollstudium samt notwendiger Infrastruktur möglich ist.
Die Universitätsklinik samt Campus soll im Bereich des CTK entstehen, welche Synergien bietet das der BTU, welche anderen Kliniken in der Lausitz?
Wir brauchen für die praktische Ausbildung unserer angehenden Ärzte künftig auch Ausbildungskapazitäten in weiteren Kliniken. Das ist immer mit einem Klebeeffekt verbunden, insofern profitieren andere Kliniken. Zudem gibt es immer einen regionalen Klebeeffekt. Studierende lassen sich oft in Regionen nieder, in denen sie über Jahre hinweg gelebt und vielleicht bereits eine Familie gegründet haben. Orte wie Magdeburg oder Greifswald bestätigen das. Dieser Effekt bringt der Region außerdem niedergelassene Ärzte. Für die BTU eröffnen sich Synergien in vielen Bereichen, die an die Universitätsmedizin andocken. Wir wollen in Richtung Digitalisierung gehen. Es gibt z.B. bereits ein Institut für Medizintechnologie und einen Innovationscampus Mikrosensorik, gerade startet das Lausitzer Zentrum für Künstliche Intelligenz an der BTU – bei Digitalisierung in der Medizin sprechen wir viel über KI und deren Anwendungsbereiche. Was einer technischen Universität an Berührungen zur Medizin andernorts oft fehlt, egal ob es um Sensorik oder Medizintechnik geht, sind die Anknüpfungspunkte zum praktischen Einsatz am Patienten. Diese Schnittstelle können wir liefern. Hier erschließen sich für dringend benötigte Medizininformatiker völlig neue Perspektiven. Wir sind mit der BTU über diese Zukunftspotenziale sehr intensiv im Austausch.
Im Zusammenhang mit der Universitätsmedizin ist von einer Modellregion Gesundheit Lausitz die Rede, was darf man sich darunter vorstellen?
Für die Modellregion sind seit Februar erste Wissenschaftler in unserem Haus mit der Entwicklung eines Konzepts befasst, wie künftig die Gesundheitsversorgung in der Fläche abgesichert werden kann. Das Projekt wird vom Wissenschaftsministerium des Landes gefördert. Digitalisierung allein kann hier nicht die Lösung sein. Es braucht auch örtliche Präsenz und andere Berufsbilder wie die klassische Gemeindeschwester mit modernen Vernetzungen hin zu Ärzten und klinischen Angeboten. Dabei wird Telemedizin einen neuen Stellenwert und eine neue Qualität erreichen. Das ist ein großes Reallabor im Gesundheitsbereich der Lausitz, das nicht an der Landesgrenze endet. Hier ist der Bezug zu Sachsen. Wir wollen uns mit Kliniken und niedergelassenen Ärzten vernetzen und neue Versorgungsangebote schaffen. Beim Thema Digitalisierung sind wir heute bundesweit noch nicht an der Speerspitze, aber wir wollen dorthin kommen. Unser Vorbild ist Dänemark, dort habe ich mir ein papierloses Krankenhaus mit 1 Mio. ambulanten und 90.000 stationären Patienten angeschaut. Es wurde über die Medizin hinaus alles bis hin zur Logistik digitalisiert. Dieses Konzept, in dem alles aus einem Guss wirkt und intelligent sowie digital miteinander verknüpft ist, ist unsere Messlatte. Bei diesem Thema könnten wir in Deutschland ganz vorn mitspielen. Das ist eine große Vision.
Das benachbarte Sana-Herzzentrum findet bereits bundesweit Beachtung, Dr. Frank Käßner hat in der Lausitz eine bundesweit herausragende Kompetenz im Bereich der Schlafmedizin verankert und für diesen Bereich bereits ein Konzept für ein einzigartiges Institut erstellt, die Cottbuser Reha Vita hat als zweiter Anbieter in Deutschland eine Ambulante Kinder-Reha eingeführt – bietet die neue Universitätsmedizin auch diesen privaten Gesundheitsunternehmen Chancen, in Kooperation und mit Forschung und Entwicklung zu wachsen?
Davon bin ich überzeugt. Wir arbeiten mit vielen Akteuren eng zusammen. Beim Sana Herzzentrum betrifft das neben der engen medizinischen Kooperation auch die Apotheke, Mikrobiologie und Großgerätediagnostik. Die Schlafmedizin von Dr. Frank Käßner betreibt in unserem Haus und in teilweiser Kooperation mit uns ein großes Schlaflabor. Die Verzahnung ist jetzt schon da, mit der Universitätsmedizin wird aber ein richtiger Sog entstehen und diese sowie weitere Partner der Branche mitnehmen.
Sie haben in Vorbereitung der Universitätsmedizin bereits eine Tochtergesellschaft für Forschungszwecke gegründet, was soll dort bis zum Start der Universitätsmedizin erforscht werden?
Wir haben die CTK Research wenige Tage vor Weihnachten gegründet. Auch wenn die Universitätsmedizin mit Studierenden erst im Herbst 2023 startet, müssen wir das jetzt schon vorbereiten und parallel die Forschung aufbauen. Dafür haben wir über die Sofortmaßnahmen des Bundes bereits ein Förderprojekt erhalten, für das heute der Förderbescheid des Bundesforschungsministeriums über 2,6 Mio. Euro eingetroffen ist. Es ist eines der ersten Projekte, mit dem wir in die Digitalisierung einsteigen. In diesem Feld haben sich Unikliniken bereits in vier verschiedenen Konsortien zusammengeschlossen, um sich mit intelligenter Vernetzung und Datenkompatibilität zu beschäftigen. Wir haben nun die Möglichkeit, einem dieser Konsortien beizutreten. Darum kümmert sich unsere Forschungstochter CTK Research. Dazu muss in IT wie z.B. tragbarer Sensorik in der Kardiologie und in Forschungspersonal investiert werden. Das ist ein erster kleiner Mosaikstein auf dem Weg zum digitalen Leitkrankenhaus, das in Cottbus aufwachsen wird.
Was darf man sich darunter vorstellen?
Digitalisierung bedeutet nicht, Prozesse und Daten einfach in einen Rechner zu übertragen. Bislang wird Digitalisierung auch in der Medizin eher als Dokumentation betrieben, das stiftet aber noch keinen zusätzlichen Nutzen. Bei der Digitalisierung, die wir anstreben, geht es nicht um eine 1:1 Übertragung, wir müssen und wollen auch die Prozesse ändern. Das bedarf einer großen Anstrengung in der Organisation.
Sie sehen die Digitalisierung als Schwerpunkt, in der Onkologie des CTK wird bereits geforscht, auch die Radiologie verfügt über einen sehr guten Ruf. Welche besonderen Forschungskompetenzen sollen in der künftigen Uniklinik noch eine Hauptrolle spielen?
Wir haben im CTK bereits verschiedene medizinische Schwerpunkte, einer davon ist die Onkologie. Medizin ist heute interdisziplinär und da wir in bestimmten Bereichen wie der Onkologie alle erforderlichen Fachgebiete der Medizin bei uns verfügbar haben, können wir in diesen Bereichen Forschung betreiben. Kleinen Häusern fehlt da entweder der Pathologe, der Radiologe, der Hämatologe oder ein anderer Spezialist. Die neuesten Medikamente kann nur einsetzen, wer Patienten in Studien einschließt. Das ist bei unserer Onkologie der Fall. Unser zweiter Schwerpunkt ist heute die Gefäßmedizin, in der wir auch über alle notwendigen Spezialisten verfügen. Um Aussagen über die Ausrichtung der Kompetenzfelder der späteren Uniklinik zu treffen, ist es allerdings noch zu früh.
Aktuell wird viel über Medikamentenknappheit berichtet und über Absichten, entsprechende Produktionen aus China wieder nach Europa zurück zu verlagern. Kann hier eine besondere Ausrichtung in Forschung und Entwicklung auch die Ansiedlung neuer Produktionen in der Lausitz befördern?
Universitätsmedizin an sich hat nichts mit der Pharmaproduktion zu tun. Es wird allerdings über einen zweiten Studiengang Pharmazie diskutiert. Da könnte es ein Thema sein, dass Absolventen in solche Unternehmen gehen.
Sehen Sie weitere Bausteine für eine nachhaltige, regionale Wertschöpfung, von der Partner im Bereich des Lausitzer Mittelstands profitieren können?
Wir wollen auf dem CTK Campus ein Gründungszentrum etablieren, das spezifisch Gründern im medizinischen Bereich Starthilfe leisten soll. Das kann von Biomedizin über digitale Geschäftsmodelle von Apps bis zu Wearables reichen. Hier sind wir noch in der Antragsphase. Wir wollen Start-ups eine Plattform mit direkter Nähe zu Ärzten und klinischen Angeboten bieten, so arbeiten auch Unternehmen wie Google. Wir mischen auf dem Campus diverse Kompetenzen und daraus kann Neues entstehen. Davon können sicher auch externe Partner profitieren.
Eine Arbeitsgruppe soll bis Ende 2020, Anfang 2021 einen genauen Plan zur Universitätsmedizin vorlegen – wer arbeitet dort mit und wie geht es voran?
Diese Arbeitsgruppe wird jetzt durch das Wissenschaftsministerium gegründet und auch mit unabhängigen Experten besetzt. Die Zusammensetzung und Arbeitsweise sowie der Arbeitsprozess befinden sich aktuell im Abstimmungsprozess.
Es sollen 70 bis 80 Professuren entstehen, sind beim bundesweit zunehmenden Bedarf im Gesundheitswesen solche Kompetenzen überhaupt verfügbar?
Unikliniken haben keine Probleme, Professuren zu besetzen. Mediziner können sich zwar heute aussuchen, wo sie arbeiten wollen. Wenn sie aber eine wissenschaftliche Karriere anstreben, dann wird es eng. Es gibt nur rund 50 Unikliniken in Deutschland und ein Lehrstuhl hat eine hohe Attraktivität. Der Markt ist also da.
Wie soll die Universitätsmedizin ab Start im Herbst 2023 aufwachsen?
Das wird sich an den Studiengängen und Forschungsschwerpunkten orientieren. Dazu lässt sich heute noch nichts Verlässliches sagen. Was die Studierenden angeht, wünsche ich mir 150 Studierende pro Semester. Das wären im Endausbau im Jahr 2029 bei 12 Semestern rund 1.800 Studierende.
Wie wollen Sie das Vorhaben am Standort Cottbus, der noch immer mit einem problematischen Ruf zu kämpfen hat, für neue Arbeitskräfte und Studierende attraktivieren?
Die Universitätsmedizin wird aus sich heraus attraktiv sein. Auf einen Studienplatz kommen heute zehn Bewerber. Es gibt momentan einen Run aufs Medizinstudium. Wir können uns die Studierenden auch für Cottbus aussuchen. Wir müssen uns aber dennoch deutlich mehr Gedanken über unser Image machen, um die Synergien für die Region besser nutzen zu können. Meines Erachtens brauchen wir eine konstatierte Aktion von Cottbus aus, die unsere Außenwahrnehmung aufwertet und auf die Region ausstrahlt. Wir sind weder rauchende Schlote noch die braunste Ecke Deutschlands, auch wenn wir Probleme mit der AFD und mit Fremdenfeindlichkeit haben. Wir müssen aber transportieren, dass es hier sehr lebenswert ist. Ich baue auch darauf, dass ein zweites Gleis nach Berlin früher kommt und dass der BER eine immense Wirkung auf Südbrandenburg und den Cottbuser Raum entfaltet.
Wann müsste Ihres Erachtens mit entsprechenden Imagemaßnahmen begonnen werden?
Damit sollten wir so schnell wie möglich anfangen. Jetzt.
Viele Lausitzer fühlen sich angesichts des Strukturwandels verunsichert, die Wirtschaft trübt sich ein – welches Rezept haben Sie, dass man in der Region mehr Chancen als Hürden sieht?
Zuversicht liegt oft in der Persönlichkeit begründet. Es haben alle erkannt, dass es einen Strukturwandel geben muss. Ich bin überzeugt, dass es keinen Strukturbruch geben wird, wie ihn die Region nach der Wende erlebt hat. Wir leben heute in einer völlig anderen Zeit. Wir haben andere Voraussetzungen. Es gibt bereits einen guten Grundstock, weil in den vergangenen Jahrzehnten viel Geld in die Infrastruktur geflossen ist. Nun wird für einige Jahre wiederum viel Geld in die Region fließen. Wir können und müssen uns nachhaltige Konzepte dafür überlegen. Diese Chance zum Gestalten, die sich in der Lausitz in den kommenden Jahren bietet, wird es so schnell nicht wieder geben. Ich kann nur jeden einladen, Teil dieses großen Reallabors zu sein.
Die Universitätsklinik soll ein solches nachhaltiges Konzept sein, sie wirkt für viele Menschen aber noch sehr abstrakt. Gibt es einen Spatenstich, der das Projekt konkret und quasi „zum Anfassen“ macht?
Wir brauchen Lehr- und Institutsgebäude, da wird ein ganzer Campus samt Gründerzentrum errichtet. Insofern wird es mehrere Spatenstiche geben. Aber allein unser Digitalisierungsprojekt, das jetzt anläuft und sicher abstrakt ist, beinhaltet schon zehn gut bezahlte und sehr hochwertige Arbeitsplätze für junge Wissenschaftler, die in diesem Frühjahr besetzt werden. Unsere Bemühungen hinterlassen bereits jetzt konkrete Spuren.
Wir danken für das Interview.