Oder wie Marco Bedrich schon als Steppke Benzin im Blut hat, als Teenager ganz Deutschland für einen kleinen Pokal durchquert und schließlich mit einem waghalsigen Hobby in halb Europa die Rennpisten unsicher macht.
Wer Mitbestimmungsprofi Marco Bedrich in seinem Job als DGB-Regionsgeschäftsführer für die Lausitz kennenlernt, der wird aus seiner ruhigen Art nie und nimmer auf sein rasantes Hobby schließen. Fast zeitgleich mit dem beruflichen Wechsel zur Gewerkschaft startete er in seiner Freizeit als Rennfahrer durch. Waghalsig wie einst Pückler liebt er den Adrenalinrausch – der ihn allerdings nicht wie jenen per Heißluftballon in Bäume, sondern immer öfter auf die Pole Position rauschen lässt.
Geboren wurde Marco Bedrich in der Pücklerstadt und ist ihr bis heute nie untreu geworden. Hier ging er zur Schule, absolvierte sein Abi, nutzte nach seiner Ausbildung zum Elektroniker bei der LEAG sein Kommuikationstalent und stieg dort in die Unternehmenskommunikation ein. Schon in der Ausbildung brachte ihn seine soziale Ader in die Mitbestimmung. Was andere kümmert, war ihm schon immer wichtig. Ein oft selbstloses Engagement, das manchmal auch das eigene Leben auf den Kopf stellen kann. So lernte er damals auch seine heutige Lebenspartnerin Christina aus der Steiermark kennen, als beide sich der Betreuung Halbwüchsiger in einem Ferienlager widmeten.
Jene Christina leidet heute manchmal unter dem Lebenstraum, der für Marco quasi gleich nach dem Ablegen der Windeln begann. Bis heute rätselt man in Familie Bedrich, woher das Rennfahrer-Gen eigentlich stammt. Vielleicht lief zufällig die Formel 1 im Fernsehen und paralysierte den Dreikäsehoch. Jedenfalls findet sich im Familienalbum ein Bild von ihm im Alter von fünf, vielleicht sechs Jahren als entschlossener Mini-Schumacher in einem GoKart. Das Faible für die Rennstrecke ließ ihn nie los, trotz Talent war der professionelle Einstieg mit eigenem Auto und Team aber viel zu teuer. So blieb es beim Sparen für gelegentliche Ausflüge auf die Kartbahn, bei denen jede Menge Vollgas und Bremsverzicht den Eltern schon etwas Sorgen bereiteten. Dennoch unterstützten sie nach ihren Möglichkeiten – und spendierten ihm mit 15 Jahren eine Zugfahrt nach Friedrichshafen an den Bodensee. Genau dort hatte er sich für ein günstiges Kartrennen angemeldet, völlig im Unklaren, dass allein eine Zugstrecke über zwölf Stunden dauerte. Die Heimreise trat er mit seinem ersten Pokal an und verschlief glatt die Endstation. Der kleine Pokal hat heute noch seinen Ehrenplatz in einer jüngst wachsenden Trophäensammlung. Aus Geldmangel sollte jener Pokal aber erst einmal für lange Zeit ein einsames Dasein fristen. Lediglich im Urlaub nutzte Marco Gastfahrten als Beifahrer erfahrener Piloten oder selbst am Steuer in gemieteten Rennautos auf etlichen Strecken Europas – bis hin zur Gänsehaut in einem Porsche Clubman GT3 auf dem Red Bull-Ring, den er als Formel 1-Oval aus dem TV bestens kannte.
Privat lebte er seinen Traum bescheidener. Während Freunde in einen klapprigen Golf einstiegen, holte er sich fürs gleiche Budget einen knallroten Alfa Romeo 147. Nach Abschluss der Lehre bewarb er sich immer wieder auf Stellen in kleinen Amateur-Rennteams, für einen Elektroniker mit durchwachsenen Social Media-Kenntnissen gab es aber offensichtlich keine Verwendung. Als er den Traum vom Rennfahrer schon fast an den berühmten Haken hängen wollte, hatte er doch noch Erfolg bei der spontanen Bewerbung für eine Fahrersichtung. Bleifuß und mentale Stärke überzeugten – und so stieg er 2020 in die Pfister-Racing Tourenwagen-Challenge (PRTC) ein. Mit rund 180 PS geht es nun an vielen Wochenenden auf die Piste, für ein Team mit Profis, denen auch das Auto gehört. Anfangs ging es einfach ums Überleben der chaotisch anmutenden Startwolke, aber schon in der ersten Saison wurde es ein beachtlicher 5. Platz. In der zweiten Saison steht er kurz vor deren Ende aktuell auf dem 2. Platz.
Es geht dabei nicht um Geld, sondern um Ruhm und Ehre. Und um Testfahrten in einer höheren Rennserie. Er liebt den ehrlichen und bezahlbaren Motorsport in seiner Amateurrennserie, liebäugelt aber trotzdem mit der nächsthöheren Rennklasse, in der Tourenwagen mit rund 350 PS durchstarten. Und danach folgen dann schon die Profis bei DTM und ADAC-GT-Masters. Das wollen wir seiner Christina aber lieber nicht zumuten.
Die Rennen bringen ihn als Botschafter der Pücklerstadt quer durch Deutschland, nach Kroatien, Österreich und Tschechien. Er ist der Exot aus dem Osten und wirbt jedes Mal für seine schöne, verrückte Pücklerstadt. Partner wie das Ingenieurbüro Degat, Inpetho Medienproduktion und Gimmo Serv aus Peitz sind immer an Bord.
Beruflich ist er eher Wegbereiter hinter den Kulissen. Im vergangenen Jahr hat er sich seine Lorbeeeren mit der Komplettorganisation der DGB-Lausitzkonferenz samt beider Lausitzer Ministerpräsidenten verdient und organisiert maßgeblich die Mitbestimmung beim Strukturwandel. Die Umsicht und das Feingefühl scheinen die Gegenwelt zu jenem Adrenalinjunkie hinterm Visier zu sein.
Die Verbindung zu Pückler spricht genau für diesen Rennfahrer: es ist dessen Facette als Lebemann und Weltenbummler. Als Kind sah er im Fürsten das Gleichnis zum Formel 1-Tross, wenn er mit seiner Karawane um die Welt zog. Er liebte die Geschichten seiner spekatukulären Aktionen bis hin zur waghalsigen Ballonfahrt – und ist sich sicher, dass der illustre Fürst heute bei einer Gartenpause gern den Asphalt mit ihm rasieren würde.