Wie Zohreh Khedrigharibrand nach Cottbus auszieht, um eine erfolgreiche Architektin zu Wie Zohreh Khedrigharibrand nach Cottbus auszieht, um eine erfolgreiche Architektin zu werden, und in einer kleinen Idylle die Liebe und eine neue Heimat findet.
Es gibt Menschen, die können durch ihr offenes Wesen an jedem Ort der Welt zu Hause sein. Zoreh Khedrigharibrand ist ein solcher Mensch. Die junge Iranerin entschied sich vor vier Jahren zum Glück für die Pücklerstadt. Was als Zwischenstation für ein Studium geplant war, ist ihr schnell ans Herz gewachsen. Heute lebt und arbeitet sie in einem Ort, der einerseits so gar nichts, und andererseits doch sehr viel mit ihrer alten Heimat gemein hat.
Aufgewachsen ist Zohreh in Teheran, einer modernen Großstadt mit knapp 9 Mio. Einwohnern im Stadtgebiet und über 15 Mio. in der Metropolregion. Hier studierte sie zum Bachelor für Architektur, fand einen Job und hatte sich eigentlich in ihrem Leben eingerichtet. Wenn da nicht die Unruhe gewesen wäre, eine andere Seite der Welt, andere Kulturen zu entdecken. Als sie im iranischen Fernsehen eine Reportage über den heute als Deutsch-Iraner gehandelten Star-Architekten Hadi Tehrani sah, der in Deutschland zu internationalem Erfolg fand, wuchs ihr Interesse am Land der vermeintlich ordnungsliebenden Lederhosen. Eine Freundin von Zohreh studierte an der Cottbuser BTU Architektur, sie war von den Studienbedingungen begeistert – und erfreulicherweise hören gute Freundinnen nun mal aufeinander.
Der Beginn in der „kleinen“ Lausitzmetropole war für Zohreh bei ihrer Ankunft im Jahr 2015 ein kleiner Kulturschock. Nicht wegen der Menschen, sondern wegen des Unterschieds zwischen dem gewohnten urbanen Koloss und der überraschend grünen, „niedlichen“ Mittelstadt, wie sie ihr Cottbus heute umschreibt. An der Universität musste sie als Studienvoraussetzung erst einmal einen zweijährigen Deutschkurs belegen. Sie fand schnell Freunde aus allen möglichen Teilen der Welt, vom cosmopolitischen Schmelztigel auf dem Unicampus erweitere sie aber mit zunehmenden Deutschkenntnissen ihren Horizont. Als die Flüchtlingswelle auch nach Cottbus schwappte, arbeitete sie nebenher als Übersetzerin, insbesondere Afghaner weisen eine enge sprachliche Verwandtschaft zu Zohrehs Muttersprache auf. Ein halbes Jahr half sie, transportierte Geschichten mit schweren Schicksalen, förderte das Verständnis zwischen Geflüchteten und neuen Gastgebern.
Schwermut kam bei ihr dennoch nie auf, ihre Leichtigkeit und Lebensfreude hatten in Cottbus längst eine neue Geborgenheit gefunden. Sie sagt selbst, es liegt an den Menschen, wie sie in der Fremde aufgenommen werden und ob sie Fremde bleiben oder Freunde werden. Cottbus hat ihr eine neue Heimatliebe leicht gemacht. Während des Studiums begann sie nebenher zu arbeiten, erst für einen Berliner Architekten, dann für ein Cottbuser Architekturbüro. Inzwischen hat sie auch ein eigenes Gewerbe angemeldet, auch hier halfen ihr Cottbuser auf den Weg. Die Gründerwerkstatt Zukunft Lausitz ebnete den Weg in die vorerst kleine Selbständigkeit neben dem Studium. Verschiedene Bauvorhaben in Welzow, Forst oder Berlin tragen schon einen Teil deutsch-iranischer Identität in sich. Nach ihrem Studienabschluss will sie weiter in den aktuellen Arbeitsbeziehungen lernen, träumt aber auch vom eigenen Architekturbüro mit Designarbeiten rund ums Interieur. Sie folgt auch vier Jahre später noch den Fußstapfen jenes Architekten, der sie auf den Weg nach Deutschland brachte.
Mit dem Studienabschluss endet für viele internationale Studierende die Cottbuser Zeit. Zohreh hatte sich anfangs auch umgesehen, der Pücklerstadt dann aber den klaren Vorzug vor westlichen Großstädten gegeben. Sie mag das viele Grün, Pücklers Park mit seinen Pyramiden als Hommage an den Orient, die alten Bauwerke der Stadt – insbesondere die Mühleninsel mit ihren Backsteinbauten und den kleinen Weberhäuschen. Es ist ihr kleines Venedig. Diese Parallele zur Stadt der Liebe ergänzt auch die menschliche Seite. Sie erlebt Cottbus als offene und freundliche Stadt, pflegt viele Freundschaften und kann mit Vorurteilen, die ihr oft begenen, nichts anfangen. Das ist in ihren Augen wie mit dem Iran – auch hier sorgen falsche Berichte andernorts für Bilder, die nichts mit der Lebensrealität zu tun haben. So wird sie heute für beide Welten zur Botschafterin, hat ihre Familie und Freunde nach Cottbus gebracht und umgekehrt ihren Lausitzer Lebensgefährten in ihr modernes und pulsierendes Iran. Das Brückenbauen passt zur jungen Architektin, die wie einst Pückler eine orientalische Note an die Spree bringt. Hier ist der richtige Ort für ein internationales Architekturbüro, das hoffentlich noch viele Spuren in der verrückten Pücklerstadt hinterlässt.
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