Vom Aufbruch in eine weltweite Ungebundenheit

Vom Aufbruch in eine weltweite Ungebundenheit

Wie Nancy Jachmann aus dem Dörfchen Jerischke in die Pücklerstadt zog, die große Freiheit in digitalen Welten entdeckte und schließlich auf den Wellen der Pandemie um die halbe Welt und zu neuen beruflichen Horizonten surfte.

Die Pole im Leben von Nancy Jachmann könnten wohl kaum gegensätzlicher sein. Aufgewachsen in einer kleinen Siedlung, bevölkert von rund 100 Seelen und umringt von 100 Quadratkilometern Waldfläche, zählt sie heute auf Stationen in Mittelamerika oder Inseln im Mittelmeer und Atlantik zu den ersten Digitalnomaden der Lausitz. Ein cosmopolitischer Gewinn für die Pücklerstadt, der sogar zwei Dimensionen hat – zur persönlichen gesellt sich eine wirtschaftliche.

Aufgewachsen ist Nancy Jachmann im winzigen Jerischke, quasi eine Lichtung inmitten endloser Wälder, irgendwo im nirgendwo Südbrandenburgs. Kein Wunder, dass es ihre Familie jedes Jahr per Wohnmobil in die weite Welt trieb. Die Freiheit auf vier Rädern übte früh ihre Faszination aus und sollte nicht ohne Folgen bleiben.

Mit 17 Jahren entfloh sie der Abgeschiedenheit und zog in die nahe Pücklerstadt. Eine Ausbildung beim großen Energieunternehmen der Lausitz ermöglichte die Landflucht. Der Ausbildung im Bürobereich folgten nebenberufliche Studien bis hin zum Bachelor. Den hatte sie im Jahr 2018 in der Tasche – samt Vertiefung im Marketing, das heute ihr Leben prägt. Der erste Praxistest im digitalen Marketing lief allerdings schon zuvor, quasi per Freundschaft. Parallel zu Job und Studium wollte ein Freund mit seiner Drogerie im kleinen Döbern neue Kunden erschließen. Nancy Jachmann war im Freundeskreis bekannt als Frühstarterin in die seinerzeit noch neuen digitalen Welten aus Facebook und Online-Marketing. Der Freundschaftsdienst half offensichtlich, die Kundschaft nahm zu, eine zweite Filiale wurde eröffnet und wiederum per Online-Marketing zum Laufen gebracht. Das Schnuppern wurde zum Nebenerwerb. Nancy Jachmann erkannte die Chance auf ein damals wie heute rares Geschäftsmodell. Online-Maketing war 2015 in der Lausitz eine Kompetenzinsel. Sie schnupperte in die Gründerschmiede Zukunft Lausitz.

Den Ausschlag für den Wechsel in die Selbständigkeit lieferten letztendlich aber Reisen – sechs Wochen allein in Hawaii prägten ein neues Bewusstsein für Freiheit und ein folgender Trip durch Vietnam die Erkenntnis, dass sich Lebensglück weitgehend von Materiellem trennen lässt. Im Herbst 2019, einen Tag nach der Heimkehr aus Vietnam, schrieb sie ihre Kündigung und wechselte zum Folgejahr in die Selbständigkeit. Ausgerechnet der Blick in die analoge, technikbefreite Welt der Provinzen Vietnams gab den Ausschlag fürs digitale Geschäft.

Die Entscheidung trug einen Hauch Schicksal in sich. Als 2020 die Pandemie ausbrach, holten viele Unternehmen im Zeitraffer digitale Versäumnisse nach. Onlinepräsenzen wurden wichtiger, selbst für kleine Unternehmen im lokalen und regionalen Handel oder der Gastronomie. Alle entdeckten digitale Werkzeuge und wurden offen für eine virtuelle Zusammenarbeit. Der Plan von Nancy Jachmann, ortsunabhängig und remote zu arbeiten und gleichzeitig Inspiration aus einem globaler werdenden Netzwerk zu sammeln, erlebte eine ungeahnte Dynamik.

Während in Deutschland Kontaktarmut und Existenzängste um sich griffen, pendelte Nancy Jachmann durch möblierte Unterkünfte und Co Working Spaces in Mexico, Fuerteventura, Portugal und Zypern. Schnell erweiterten sich Netzwerk, Kompetenzen und Kundenstamm. Überall trifft die Digitalnomadin ihresgleichen. Die globale Perspektive, verbunden mit steter Auffrischung ihrer Sichtweisen zeigt heute, wie klug sie einst den Namen für ihre Firma wählte: global refresh. Die Kunden kommen dennoch oft aus der Pücklerstadt und ihrem Umland. Inzwischen hilft sie diesen nicht nur mit Online-Marketing, sondern sorgt auch als Coach für neues Bewusstsein im Umgang mit eigenen Ressourcen und effektivem Marketing.

Eine wandfüllende Landkarte in einer ehemaligen Wohnung in der Pücklerstadt dokumentiert bis heute den globalen Eroberungszug. Kleine Nägel künden von großer Freiheit und einem wachsenden, globalen Netzwerk. Die soziale Weltoffenheit erinnert an Fürst Pückler, der mit rund 1.000 Persönlichkeiten seiner Zeit in aller Welt korrespondierte und so etwas wie der erste Social-Media-Star war. Für Nancy Jachmann ist sein Cottbuser Gartenreich auch immer der erste Anlaufpunkt bei Heimatbesuchen – und Pückler schuf mit dem Muskauer Park in der Nähe zu jener Waldlichtung, auf der sie einst aufwuchs, quasi auch eine biografische Brücke. Wer weiß, vielleicht folgt sie dem Begründer der Pücklerstadt künftig auch mit illustren Reiseberichten. Wir hätten jedenfalls große Lust darauf.

www.global-refresh.de

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