Wie Dr. Christoph Gerstgraser seine Wiener Mokkarunde nur ungern verließ, als Vermittler in die Lausitz kam und wegen der Liebe zur Spreeaue und zu besonderen Menschen dann doch blieb.
Diese Geschichte würde Pücklers Herz wohl vor Aufregung höher schlagen lassen – handelt sie doch von einem Seelenverwandten. Von einem, der auch als Fremder in die Pücklerstadt kam, eine öde Landschaft vorfand und sie neu gestaltete. Heute umfassen die Spuren von jenem Erben Pücklers in der renaturierten Spreeaue ein Landschaftsgemälde, das in der Fläche ein Vierfaches des Branitzer Innenparks misst. Dabei sah anfangs kaum etwas nach blühenden Landschaften aus.
Eigentlich wollte der Österreicher Christoph Gerstgraser die gemütliche Mokkarunde im Kreise seiner Hochschulkollegen nur für einen zeitlich begrenzten Ausflug in die Lausitz verlassen. Es war im Jahr 2003, als er eine Ausgleichsmaßnahme im Kohlebergbau beraten sollte. Das Örtchen Lakoma samt Umland musste dem Tagebau weichen, die Proteste waren unnachgiebig und der notwendige Ausgleich umfasste eine bis dahin nicht gekannten Dimension. Im ohnehin schweren Vermittlungsprozess zwischen Umsiedlern, Umweltschützern und Bergbauunternehmen, Kommunen und allerlei weiteren Interessengruppen wurden dann auch noch Spuren eines äußerst seltenen Käfers im betroffenen Gebiet gesichtet. So kam zu den Befindlichkeiten um Lakoma, das zuvor von Umweltaktivisten besetzt war und polizeilich geräumt werden musste, nun durch jenen Käfer auch noch ein europäischer Schutzstatus ins Spiel. Es ist wohl vor allem dem ruhigen und ausgleichenden Wesen des Österreichers mit seiner grünen Seele zu verdanken, dass aus einem scheinbar unlösbaren Konflikt am Ende eines der schönsten Naturareale der Lausitz entstehen konnte.
Inzwischen hat sich die nördliche Spreeaue von Cottbus infolge einer aufwändigen Renaturierung in ein einzigartiges Landschaftsgemälde verwandelt, finanziert durch das Bergbauunternehmen LEAG. Auf rund 400 Hektar wurde hier eine ökologische Erfolgsgeschichte real, die sowohl umweltrechtlich als auch landschaftlich bis heute europaweit einzigartig ist. Dabei hat der Österreicher charmant eine Prise Heimat mit in die Lausitz gebracht – auf einigen Abschnitten der Spreeaue wähnt man sich am Wasserlauf eines Gebirgsbaches. Ein anderer Bereich mutet mit frei umherstreifenden Aueroxen wie ein Nationalpark an, Teichlandschaften wurden von Rotbauchunken als sensible Seismografen für eine intakte Natur erobert. Pückler hätte an diesem Wandel einer zuvor meist kargen Einöde sicher seine helle Freude gehabt. 400 Hektar Auenland liefern ein eindrucksvolles Beispiel für die Veränderung einer Landschaft, deren richtige Blüte kommenden Generationen zu Gute kommt – fast wie bei Pückler, der seinen Park mit einer ebensolchen Weitsicht anlegte.
Aus dem anfänglichen Beratungsprozess wurde für Christoph Gerstgraser so eine Herzensangelegenheit, schließlich ein Planungsbüro inmitten der Pücklerstadt, das bis heute wächst und Prozesse rund um den ökologischen Wandel in verschiedenen Regionen begleitet. Den Mokka schlürft er heute gern mit Lausitzern, fand hier Mitstreiter für seine Visionen, seine Ehefrau und wird allseits für seine besondere Verbindung zur Natur geschätzt. Die hat ihre Wurzeln tief in der Familiengeschichte. In seinem Büro schaut sein Ur-Urgroßvater, ein echter Alm-Öhi, von einem Porträt an der Wand beruhigend auf das Treiben unter ihm. In dieser Gesellschaft würde sicher auch der grüne Branitzer Fürst gern einen Mokka schlürfen und die grüne Seele mit Gleichgesinnten baumeln lassen.
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